The ‰-Files: Die Promille Akten (2022)
Hrsg.: Nele Sickel & Markus Heitkamp
Talawah Verlag
ISBN: 978-3-94755-064-7
Er gurgelt und schmeichelt, sprudelt und prickelt. Er beißt, brennt, zischt und knallt: Alkohol. Mal Freund, mal Feind, immer aufregender Begleiter. Womit aber wehrt man sich gegen volltrunkene Orks? Wie viel Champagner vertragen Wunschfeen? Und kann der richtige Fusel einem einfachen Menschen vielleicht sogar ungeahnte Kräfte verleihen?
In 11 Geschichten enthüllen die Promille-Akten feuchtfröhliche Wahrheiten über die beschwipste Seite der phantastischen Welt. Hier werdet ihr erblinden – äh, quatsch, alles finden: Zunder und Wunder. Wermut und Schwermut. Schein, Sein und … ach ja: Wein.
Eigene Kurzgeschichte: Blackout
Blackout – Leseprobe
Kopfschmerz. Das ist das Erste, was ich wahrnehme, als ich erwache. Stechender Kopfschmerz, direkt hinter der Stirn, ganz dicht über den Augen. Dann: Übelkeit, nass, kalt, dunkel und es stinkt nach Kotze. Und Durst. Ich habe einen Riesendurst.
Schwerfällig rolle ich mich auf den Rücken. Mein durchgeweichtes Shirt patscht leise auf die halten Fliesen, die ich spüre, aber nicht sehe, genauso wenig wie die weiche Erhebung, auf der meine Beine ruhen. Alles ist schwarz.
Gestank und Dunkelheit drängen ein paar unbequeme Fragen in meinen dröhnenden Schädel: Was ist passiert? Wie bin ich hierhergeraten? Wo ist hier?
Und … wer ist ich?
Okernebel: Phantastisches aus Braunschweig (2018)
Hrsg.: Laura Kier, Nele Sickel
& Stephanie Lammers
ISBN: 978-3-746089201
Was lauert in den Tiefen des Heidbergsees?
Wieso gibt es keine Biber im Braunschweiger Zoo?
Und erinnert sich noch jemand an Braunkohlchips?
Neun lokale Autoren haben diese und andere brennende Fragen zum Anlass genommen, einen Blick hinter die Fassaden der Stadt, vor allem aber hinter die Fassaden der Realität zu riskieren. Von dem, was sie dort entdeckt haben, erzählen sie in dieser Anthologie.
Geister im Magniviertel, Hexen im Botanischen Garten …
Dreizehn Geschichten zeichnen das Portrait eines ganz anderen Braunschweigs: mal heiter, mal erschreckend, immer wieder skurril.
Bist du bereit für eine Stadt im Okernebel?
Eigene Kurzgeschichten: Augenblick; Till, we meet again!
Augenblick – Leseprobe
»Der Zeitplan ist heute ganz besonders eng.«
Die abgespannte Stimme zu meiner Linken war mir vertraut genug, um aus dem allgemeinen Stimmengewirr des belebten Marktplatzes herauszustechen, auch wenn ich sie nicht gleich zuordnen konnte. Automatisch blickte ich mich nach dem Sprecher um.
Da ging er, direkt an mir vorbei. Graues, kurz geschnittenes und doch leicht wirres Haar. Fast ordentlich rasiert. Wetterfeste Kleidung, modisch, aber abgetragen und irgendwie immer leicht in Unordnung – ohne dass ich so recht den Finger hätte darauflegen können, woran der Eindruck lag.
Hastig wandte ich mich ab. Ja, natürlich kannte ich den Mann – vom Sehen, wie vermutlich jeder in der Stadt. Es war der Verrückte, der fortwährend mit sich selbst sprach, so als hätte er ein Headset auf und wäre wichtig. Nur war da eben kein Headset.
»Musst du mich derart hetzen? Es ist ja nicht so, als würden wir hier die Welt retten.«
Ich sah noch einmal hin und fixierte im Vorbeigehen sein Ohr. Nein, kein Headset, wirklich nicht.
Ich wollte schon wieder wegschauen und endlich zu meinem Sitzplatz am Brunnen gehen, da nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Sofort schnellte mein Blick zurück. Da! Auf seiner Schulter, direkt unter dem Ohr, das ich eben noch angestarrt hatte, regte sich etwas. Ein Schemen oder … vielleicht auch nur ein Teil seiner Jacke oder … Ich kniff die Augen zusammen. Nein, dort saß etwas! Wirklich. Ein … ein Wesen!
Till, we meet again! – Leseprobe
Ich erreiche den Gehweg und will gerade ansetzen, das Wohnhaus zu umrunden, da höre ich wieder Schritte. Ich sehe nach hinten. Die Straße ist leer. Als ich mich umdrehe, steht auf einmal ein Mann vor mir.
Verdattert stoppe ich und sehe ihn an. Komischer Vogel irgendwie. Im schummrigen Dämmerlicht kann ich sein Alter nicht schätzen. Sein Gesicht ist schmal, die Nase markant, die Augen umrahmt von Lachfalten. Es ist kühl und doch trägt er nichts weiter als Jeans und einen dünnen, knallgelben Pullover. Er sieht mich an – nicht so wie man einen Passanten ansieht, eher so wie einen alten Bekannten, den man zwar wiedererkennt, aber spontan einfach nicht einordnen kann. Trotzdem lächelt er, als würde ihn die Begegnung freuen. Als wäre er schon zu lange allein.
Ich sehe diesen Blick und trete einen Schritt beiseite. Der Mann folgt mir mit einer minimalistischen Drehung.
»Entschuldigung«, murmele ich verärgert. Ich kenne ihn definitiv nicht und ich habe keine Lust auf solche Spielchen.
»Was denn?«, fragt der Mann. Seine Stimme ist höher, als ich vermutet hätte, aber nicht unangenehm. »Du hast mir doch nichts getan, oder? Was gäbe es also zu entschuldigen?«